Kunst, Handwerk und eine logistische Herausforderung

Der Glasmaler-Beruf ist eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit. Manchmal überwiegt der kreative Teil.

Detail der Kunstverglasung von Otto Morach am ehemaligen Manor in Zürich
Detail der Kunstverglasung von Otto Morach am ehemaligen Manor in Zürich

Manchmal ist es eher der handwerkliche. Und manchmal kommt noch die logistische Herausforderung dazu.

Wie zum Beispiel im Jahr 2003 bei der Restaurierung der denkmalgeschützten Kunstverglasung des Künstlers Otto Morach aus dem Jahr 1929 im Kaufhaus Manor an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Die Aufgabe: Komplettrestaurierung von 462 einzelnen Fenstern mit einer Fläche von ca. 90 Quadratmetern. In einem Zeitraum von drei Monaten während des laufenden Betriebes.

Aussenansicht der Fassade, mit der Kunstverglasung, vor der Restaurierung
Aussenansicht der Fassade, mit der Kunstverglasung, vor der Restaurierung

Eine der Herausforderung war es, die Arbeit so zu planen und einzuteilen, dass der Betrieb des Kaufhauses nicht gestört wurde. Die Vorbereitung vor Ort mit Ausbau der Fenster begann deshalb an einem Samstag Abend um 21.00 Uhr mit der Anfahrt eines Teams von vier Mitarbeitern.

Zuerst wurden die einzelnen Fenster nummeriert und angeschrieben,

Enge Arbeitsverhältnisse

dann die genagelten Fensterrahmen entfernt, die Kunstverglasung – oft mit wenigen Zentimetern Bewegungsfreiheit zwischen Fenster und Rolltreppe – ausgebaut und vorsichtig die erste Bleiverglasung in den vorbereiteten Transportkisten verstaut. Danach wurde die Notverglasung eingesetzt, die Baustelle für den nächsten Tag aufgeräumt und um sechs Uhr die Kisten für die eigentliche Restaurationsarbeit ins Atelier gebracht.

In den folgenden Tagen wurden dann im Atelier alle Schäden an der ersten Bleiverglasungen repariert, beschädigte Gläser ersetzt, Malereien erneuert, wo nötig das Blei erneuert, alles frisch gekittet, mit Holzspänen und Handbürste gründlich gereinigt und für den Abtransport zur zweiten Nachtschicht vorbereitet.

Materialdepot und Werkplatz vor Ort im Manor
Materialdepot und Werkplatz vor Ort im Manor

Am darauffolgenden Wochenende wurden die restaurierten Fenster in der Nacht von Samstag auf Sonntag wieder an ihre ursprüngliche Position im Manor eingesetzt, parallel dazu die nächste Fenster ausgebaut und für die Restaurierung im Atelier vorbereitet.

Nach 60 Tagen intensiver Arbeit mit ca. 10 Nachtschichten vor Ort erschien dann das komplette Kunstwerk wieder in neuem Glanz. Eines der Highlights in meiner Karriere als Glasmaler.